Blütenreiche Straßenböschung
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Grünflächen pflegen

Ökologische Aufwertung von Straßenbegleitflächen

Ökologische Aufwertung von Straßenbegleitflächen
© Ugo Furlani

Die Bayerische Staatsbauverwaltung hat sich zum Ziel gesetzt, an den rund 23.000
Kilometern Bundes-, Staats- und Kreisstraßen, die der Freistaat Bayern betreut, arten- und blütenreiche Flächen zur Stärkung der Artenvielfalt und Förderung des Biotopverbunds zu schaffen. Die ökologische Aufwertung der Grünflächen entlang dieser Straßen ist ein
wichtiger Baustein des Bayerischen Aktionsprogramms für die Insektenvielfalt. Auch der Bayerische Landtag hat mit Annahme des Volksbegehrens „Rettet die Bienen!“ dieses
gemeinsame Ziel bekräftigt. Die maßgeblichen Bestimmungen sind im Zweiten Gesetz
zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – „Versöhnungsgesetz“ verankert.

Der Berücksichtigung naturschutzfachlicher Belange bei der Anlage und der Unterhaltung
des Straßenbegleitgrüns wurde in Folge des Volksbegehrens durch die Ergänzung des
Artikels 30 des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes um den Absatz 2 ein wesentlich
stärkeres Gewicht als bisher eingeräumt: Danach sind begrünte Teile der
straßenbegleitenden Grundstücksteile (Straßenbegleitflächen) bei Staatsstraßen mit dem
Ziel zu bewirtschaften, die Luftreinhaltung, die Artenvielfalt und den Biotopverbund zu
fördern.
Für die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hat das Staatsministerium für Wohnen, Bau
und Verkehr in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
das Konzept zur ökologischen Aufwertung von Straßenbegleitflächen entlang von Bundes-
und Staatsstraßen in Bayern
erarbeitet. 

Bienen-Highways - Mehr Artenvielfalt an Bundes- und Staatsstraßen

Zielsetzung des Konzeptes

Ausgehend von den neuen gesetzlichen Regelungen stellt die Förderung des
Biotopverbundes und der Biodiversität durch arten-, insbesondere kräuterreiche, extensiv und ohne Einsatz von Dünge- oder Pflanzenschutzmittel bewirtschaftete Grün- und Offenlandflächen das übergeordnete ökologische Ziel bei der Pflege des
Straßenbegleitgrüns dar. Das Konzept umfasst darüber hinaus auch die Pflege von Gehölzflächen und Straßenbäumen.

Bei der Pflege unseres Straßennetzes müssen gleichzeitig aber auch die Verkehrssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Straßenbetriebsdienstes, die Arbeitssicherheit und der Nachbarschaftsschutz gewährleistet werden.

Zonierung der Pflegeintensität

Schematische Darstellung von Intensiv- und Extensivbereichen sowie Normal- und Auswahlflächen
© Ugo Furlani

Die Wiesenflächen werden je nach ihrer Lage zur Straße und entsprechend ihrer Funktion in unterschiedlicher Intensität gepflegt und daher in einen Intensiv- und einen Extensivbereich unterteilt.
Im sogenannten Intensivbereich, also Bankett, Entwässerungsmulde bzw. -graben, Trenn-und Mittelstreifen, Sichtflächen und Aufenthaltsbereiche der Rast- und Parkplätze, stehen insbesondere die Verkehrssicherheit, der Erholungsbedarf der Verkehrsteilnehmer sowie
betriebliche Belange im Vordergrund. Die ökologischen Belange sind hier bei der Pflege ebenfalls so weit wie möglich zu berücksichtigen, spielen aber eine untergeordnete Rolle. Die Pflegehäufigkeit und der Pflegezeitpunkt auf diesen Flächen richten sich im Wesentlichen nach der aufrechtzuerhaltenden Flächenfunktion und der Wüchsigkeit am
jeweiligen Standort.
Alle anderen Wiesenflächen entlang von Straßen werden dem Extensivbereich zugeordnet. Dort hat die Grünpflege keinen direkten Einfluss auf die Verkehrssicherheit und es können die landschaftsökologischen Funktionen in den Vordergrund treten. Eine wesentliche
Neuerung des Konzepts ist, den Extensivbereich differenziert zu betrachten und in
Normalflächen und Auswahlflächen zu unterteilen. In Bereichen mit einem hohen
ökologischen Aufwertungspotenzial werden auf den Auswahlflächen durch spezifische
Pflegekonzepte gezielt der Biotopverbund sowie seltene Pflanzen und Tiere gefördert. Die übrigen Flächen, Normalflächen, spielen generell als extensiv genutztes Grünland eine
ökologische Rolle. Die hier vorzufindenden Tier- und Pflanzenarten sind in der Regel zwar „Allerweltsarten“, allerdings sind auch diese in unserer intensiv genutzten Kulturlandschaft vielfach bereits deutlich seltener geworden.

Normalflächen

Senkrecht zur Fahrbahn angeordnete Pflegeabschnitte
© Ugo Furlani

Die Pflege der Normalflächen erfolgt ebenfalls standardisiert durch den
Straßenbetriebsdienst, die Ausrichtung ist aber deutlich ökologischer als im Intensivbereich. Die Pflege der Wiesenflächen erfolgt dabei grundsätzlich einmal im Jahr.
Auf größeren zusammenhängenden Bereichen erfolgt die Pflege abschnittsweise, d. h. räumlich und zeitlich versetzt. Die Böschungen werden dabei entweder parallel oder senkrecht zur Fahrbahn in Abschnitte eingeteilt, die dann im jährlichen Wechsel gemäht
werden. So wird den Tieren eine Fluchtmöglichkeit gegeben und die nicht gemähten Brachestreifen sind Ausgangspunkt der Wiederbesiedlung der gepflegten Bestände. Die Brachestreifen bieten darüber hinaus ein entsprechendes Lebensraumangebot im
Winterhalbjahr. Flächen mit Gehölzdruck werden einmal im Jahr gepflegt um einer
Verbuschung entgegenzuwirken und die Wiesenflächen zu erhalten.

Die Mahd erfolgt vorzugsweise im Sommer, damit sichergestellt ist, dass die
bestandsbildenden Pflanzenarten weitestgehend ausgesamt haben, der Lebensraum und die Nahrung den Tieren möglichst lange zur Verfügung stehen und der Entwicklungszyklus der Jungtiere abgeschlossen ist.

Aus ökonomischen Gründen werden die Normalflächen weiterhin gemulcht.

Auswahlflächen

Besonders eignen sich Flächen als Auswahlflächen in nur geringer Entfernung zu anderen naturschutzfachlich wertvollen Flächen, wie z. B. Natura-2000-Gebieten oder Biotopen nach der Bayerischen Biotopkartierung.

Aus dem Pool potentieller Auswahlflächen wurden auf Basis einer fachlichen Priorisierung diejenigen Flächen ausgewählt, die das größte Potential zur ökologischen Aufwertung
besitzen, als Element des Biotopverbundes dienen und die besten Pflegemöglichkeiten
bieten.

Für die Auswahlflächen wurden in Folge entsprechend dem Ausgangs- und
Zielvegetationsbestand spezifische Pflege- und Entwicklungspläne entwickelt, die vor allem Häufigkeit, Zeitpunkt, Mähgut-Entnahme und Arbeitsverfahren festlegen.

Ziel ist es, die Förderung der Biodiversität und der Biotopvernetzung hier bestmöglich
umzusetzen. Prioritär sind artenreiche Grün- und Offenlandbiotope zu erhalten und zu
entwickeln; insbesondere Magergrünland, blütenreiche Pflanzenbestände und Saumbiotope. Zusätzlich können die Flächen als Pufferzonen für angrenzende Schutzgebiete dienen oder selbst als Element dem Biotopverbund angehören (Trittsteinfunktion). Die Aufwertung der Auswahlflächen erfolgt i. d. R. durch eine Optimierung oder Umstellung der Pflege. Auf den meisten Auswahlflächen wird auf das Mulchen verzichtet und stattdessen ein schneidendes Mähgerät (z. B. Balkenmäher) eingesetzt. Soweit möglich, soll bei der Durchführung der Pflege auf den jährlichen Aktivitäts-/Entwicklungsrhythmus der Zielarten Rücksicht genommen werden. Das Mähgut wird hier möglichst einen Tag liegen gelassen, damit Tiere abwandern und Samen ausfallen können.

Umsetzung

Das Konzept wurde im Jahr 2020 in der Staatsbauverwaltung eingeführt.
Die Umsetzung des Konzepts auf den Normalflächen ging an den Bundes- und
Staatsstraßen sowie Kreisstraßen in unserer Verwaltung seit 2021 in den Regelbetrieb des Straßenbetriebsdienstes über.

Die für den Artenschutz am besten geeigneten Auswahlflächen wurden im Jahr 2020 nach
einem bayernweit einheitlichen System festgelegt. Die Lage der Flächen und die Pflegepläne wurden digital erfasst und in einem zentralen Geoinformationssystem aufbereitet.

Die anspruchsvollen Mäharbeiten, überwiegend auf Böschungen, sind eine Daueraufgabe,
für die kontinuierlich jedes Jahr geeignete Auftragnehmer wie Landschaftspflegeverbände, Landschaftsbaufirmen, Landwirte u. a. beauftragt werden. Im Jahr 2021 wurde mit der
Umsetzung der optimierten Pflege auf den Auswahlflächen begonnen, deren Umfang
sukzessive ausgeweitet wird.

Umgang mit den "Problempflanzen" an Straßen

Kreuzkräuter auf Straßengrünfläche
© Staatliches Bauamt Kempten

In den letzten Jahren sind vermehrt die Kreuzkräuter, auch Greiskräuter genannt, in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Sie gelten in der Landwirtschaft aufgrund ihres Gehaltes an Giftstoffen als Problemunkräuter. Auf Nichtkulturland hingegen, wozu auch die Straßengrün-  und Kompensationsflächen gehören, sind die heimischen Kreuzkrautarten als natürlicher Bestandteil anzusehen und haben für eine Vielzahl verschiedener Insektenarten eine Bedeutung als Lebensraum-, Pollen- und Futterpflanze.

Obwohl die Straßengrünflächen in der Regel mit Saatgutmischungen begrünt wurden, die keine Kreuzkräuter enthalten, treten im Zuständigkeitsbereich der Bayerischen Staatsbauverwaltung das Jakobs- und Wasserkreuzkraut besonders in Erscheinung. Die beiden Arten können aufgrund ihres hohen Verbreitungs- und Etablierungspotentials z. T. größere Bestände bilden und sich im nennenswerten Umfang in benachbarte Grünlandflächen ausbreiten.

Fachgerechte Entsorgung der Kreuzkräuter durch den Straßenbetriebsdienst
© Staatliches Bauamt Kempten

Um im gebotenen Rahmen den Pflichten als Grundeigentümer nachzukommen, verfolgt die Bayerische Staatsbauverwaltung im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit die Strategie „Beobachten – Informieren – Regulieren – Vorbeugen“. Ziel ist es, bei gefährdeten Nachbarflächen die Samenbildung und -verbreitung von Jakobs- und Wasserkreuzkraut auf Straßengrün- und Kompensationsflächen gezielt zu regulieren, ohne eine flächendeckende Beseitigung der heimischen Arten zu verfolgen.

Die Bayerische Staatsbauverwaltung hat hierzu „Vorläufige Hinweise zum Umgang mit Kreuzkräutern an Straßen der Bayerischen Staatsbauverwaltung“ für die nachgeordneten Dienststellen herausgegeben, die auf dieser Seite heruntergeladen werden können.

Gehölzpflege

Auf den Stock gesetzte Haselnuss
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Einzelbäume, Baumreihen und Alleen neben Straßen prägen das Bild der Straßen und damit auch der umgebenden Landschaft.

Bei straßennahen Gehölzen und Bäumen ist laufend darauf zu achten, dass sie nicht in den Verkehrsraum oder in die Sichtfelder ragen. Auch das Entfernen von schadhaften und kranken Pflanzen sowie das Beseitigen von Bäumen und Ästen nach Sturm- und Windschäden gehört zur Gehölzpflege.

Bei der Gehölzpflege sind die Bestimmungen zum Schutz von Lebensstätten und für besonders geschützten Arten und gegebenenfalls spezielle Vorgaben für ausgewiesene Schutzbereiche zu beachten. Regelmäßige Gehölzpflegearbeiten werden daher generell im Zeitraum vom 1. Oktober bis Ende Februar durchgeführt. Schonende Form- und Pflegeschnitte wie die Beseitigung des Zuwachses, um die Sicht auf ein Straßenschild zu gewährleisten, oder der Rückschnitt der Mittelstreifenbepflanzung sind auch außerhalb dieses Zeitraumes möglich. Die weiter entfernten Gehölzflächen werden extensiv gepflegt, um der ökologischen Bedeutung der Straßenbegleitflächen Rechnung zu tragen.

Ohne regelmäßige Pflege können sich die Bäume und Sträucher in flächigen Gehölzpflanzungen aufgrund von Lichtmangel nicht mehr natürlich verjüngen. Sie verkahlen von innen und die Bäume entwickeln statisch sehr ungünstige Kronen.

Die Straßenböschungen wirken durch die Auslichtung von zu dicht stehenden Bäumen und das "Auf-Stock-setzen" der Sträucher“ unmittelbar nach größeren Pflegemaßnahmen "abgeholzt und kahl". Doch bereits im Frühjahr treiben die Gehölze kräftig durch und bilden nach kurzer Zeit wieder geschlossene, voll funktionsfähige Gehölzbestände. Mit dieser Maßnahme sind zwangsläufig kurzfristige Beeinträchtigungen des Erscheinungsbildes der Gehölzpflanzung verbunden. Um diese gering zu halten und die Auswirkungen auf die Tierwelt möglichst verträglich zu gestalten, werden diese Pflegehiebe immer abschnittsweise durchgeführt.

Beweidung

Beweidung
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Schon vor Jahrtausenden prägten weidende Säugetiere unsere heimische Landschaft. Was liegt also näher, als Schafe oder Rinder auch heute für die Grünflächenpflege einzusetzen? Tritt und Biss der Tiere schaffen offene Strukturen und geben der Natur Nischen für bedrohte Pflanzen- und Tierarten.

Auf der Grundlage der landschaftspflegerischen Ausgleichskonzepte werden manche geeigneten Kompensationsflächen extensiv beweidet. Sie stehen damit weiterhin, wie auch Wiesenflächen, grundsätzlich der Landwirtschaft zur Verfügung.

Baumkontrolle

Alte Linde als Straßenbaum
© Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

Bäume sind wegen ihrer gestalterischen, klimatischen und ökologischen Funktion häufig im öffentlichen Grün wie auch entlang von Straßen anzutreffen. Bäume können aber zur Gefahr werden, sei es durch abbrechende Äste, sei es durch Umstürzen des Baumes selbst. Um diese Gefahren rechtzeitig zu erkennen und zielgerichtete Maßnahmen einleiten zu können, ist es erforderlich, regelmäßige Baumkontrollen durchzuführen. Dies ergibt sich aus der Verkehrssicherungspflicht. Diese verpflichtet den Eigentümer grundsätzlich, dafür Sorge zu tragen, dass der Baumbestand im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen gesichert ist. Der Turnus, in dem kontrolliert wird, richtet sich nach Standort und Zustand des jeweiligen Baumes. Regelungen, wie im Bereich von Bundesfern- und Staatsstraßen zu verfahren ist, hat die Bayerische Straßenbauverwaltung im 2010 und 2013 veröffentlicht. Dabei sind Bäume an Straßen zunächst im Rahmen der "Regelkontrolle" einer sorgfältigen äußeren Inaugenscheinnahme durch geschulte Personen zu unterziehen. Im Rahmen einer Begehung werden der Wurzelbereich, der Stammbereich und die Krone der einzelnen Bäume auf äußerlich sichtbare Schadsymptome kontrolliert. Erst durch diese Kontrolle wird beispielsweise ein auf den ersten Blick nicht sichtbarer Pilzbefall am Stammfuß erkannt. Schäden im Stammbereich der Krone, die bei voller Belaubung nicht zu sehen sind, treten im unbelaubten Zustand ganz deutlich in Erscheinung. Daher werden die Regelkontrollen abwechselnd im belaubten und unbelaubten Zustand durchgeführt.

Aufgrund der festgestellten Schadsymptome ist zu entscheiden, ob und welche Pflegemaßnahmen zu ergreifen sind oder ob eine Fällung notwendig wird, um die Sicherheit des Verkehrs weiter zu gewährleisten. Nach extremen Witterungsereignissen zum Beispiel einem starken Sturm oder nach einem Verkehrsunfall mit Anprallschaden, sind sogenannte „Zusatzkontrollen“ erforderlich.

Zusätzlich zu den Baumkontrollen werden Bäume entlang von Straßen im Rahmen der Streckenkontrollen durch die Straßenmeistereien der Bayerischen Straßenbauverwaltung regelmäßig beobachtet.

Baumkontrolle und Baumpflege entlang der Straßen

Die bayerischen Bundesstraßen und Staatsstraßen werden durch Einzelbäume, Baumreihen, Alleen und Gehölzgruppen in die Landschaft eingebunden. Je älter der Baum, desto wertvoller ist er für das Landschaftsbild, als ökologischer Lebensraum und als CO2-Senke. Durch die regelmäßig durchgeführten Baumkontrollen und die daraus abgeleiteten Pflegemaßnahmen stellt die Bayerische Staatsbauverwaltung sicher, dass zum einem die Straßen verkehrssicher sind und zum anderen, dass die Bäume an den Straßen möglichst lange erhalten bleiben. Das Zusammenspiel zwischen Baumkontrolle, Baumpflege, Verkehrssicherheit und Klimaschutz zeigt der Film der Zentralstelle Landschaftsplanung an der Landesbaudirektion Bayern, der in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Bauamt Rosenheim und der Straßenmeisterei Hausham entstanden ist.

Baumkontrolle und Baumpflege